Oskar Freysinger - Wallis
Im Sonnenbrand am Wüstenrand
ein Baum mit grosser Krone stand.
Von ihm wollt’ Ali Früchte haben,
Um sich an ihrem Saft zu laben.
Der grosse
Baum am Wüstensaum
schob seine Äste in den Raum,
doch was ihm aus der Krone fiel
War ein verworrnes Schattenspiel.
Klein Ali war darauf versessen:
Er wollte süsse
Früchte essen,
beschwor den Baum, ihn zu ernähren
Und eine Frucht ihm zu gewähren.
Der grosse Baum am Wüstensaum,
stand weiter wie ein dunkler Traum
und was ihm aus
der Krone fiel
war sein verworrnes Schattenspiel.
Da wurde Ali ungehalten
und drohte gar, den Baum zu spalten,
mit einer Axt, gar spitz und scharf,
da er ja keine Frucht abwarf.
Der grosse Baum am Wüstensaum,
den rührte Alis Drohung kaum,
was ihm aus seiner Krone fiel
War stets dasselbe Schattenspiel.
Verärgert setzte Ali dann
die
Axt am dicken Stamme an.
Der Baum, der keine Früchte trug,
war wenigstens für Brennholz gut.
Der grosse Baum am Wüstensaum,
blieb jedoch fruchtbar nur im Traum,
was ihm aus
seiner Krone fiel
War immer noch ein Schattenspiel.
Klein Ali hackte wild drauflos
und gab dem Baum den Todesstoss.
Der Riese, der so sicher stand,
lag bald gefällt im Wüstensand.
Da war er ausgeträumt, der Traum
vom grossen Baum am Wüstensaum
Und was fortan auch noch entfiel
war sein verträumtes Schattenspiel.
Dem Ali brannte
bald, o Graus,
die Wüstenglut die Seele aus,
denn Brennholz ist zu nicht viel nutz
Fehlt überm Kopf der Sonnenschutz.
Moral:
Verschmähe nicht, was Gott Dir gibt,
weil Dir was anderes beliebt.
Sonst hast Du weder Frucht noch Schatten
und wirst aus eigner Schuld ermatten.
Und:
Wer sich im Zorn zu sehr erhitzt,
der hat bald einmal ausgeschwitzt.